Die Grabesruhe
Stellen wir uns eines jener Segelschiffe vor, so wie sie früher auf den Ozeanen unterwegs gewesen sind. Der Wind lässt nach, wird immer schwächer, kommt zum Erliegen. Das Schiff ist manövrierunfähig, man weiß nicht, treibt es nach links oder rechts, nach vorn oder zurück; nichts kann man machen, nur warten.
Oder eine Beziehungskrise: Es ist Flaute, man weiß nicht, geht es weiter, ist es aus – es geht nichts mehr. Im Nachhinein ist leicht reden. Man weiß, dass die Krise vielleicht sogar sehr wichtig gewesen ist für die Entwicklung. Aber solange man mittendrin steht?
Karsamstag ist Grabesruhe:
Jesus ruht im Grab, auch seine Jünger sind im Grab ihrer Ängste. Sie haben sich zurückgezogen, die Frauen weinen, die Männer machen sich Vorwürfe, haben Angst, dass es ihnen genauso geht wie ihrem Meister; alles, was sie bisher an Vertrauen gelernt haben, zieht nicht mehr.
Alles ist tot, wie im Winter. Wenn jemand plötzlich das erste Mal im Leben einen Winter erleben würde, er könnte auch kaum glauben, dass es jemals wieder Frühling wird. Dabei ist im Winter Leben da, aber es ist in den Wurzeln, im Samen, im Weizenkorn, in der Tulpenzwiebel, zurückgezogen und gesammelt, nach außen tot.
Haben wir in unserem Leben nicht auch schon solche Erfahrungen der
„Grabesruhe” gemacht? Die Angst steigt hoch, man fühlt sich innerlich leer, verlassen, enttäuscht, isoliert.
Allerdings gerade das Negative behütet man noch am ehesten. Hoffnungen werden begraben, sagt man. Aber Enttäuschungen, die werden einbalsamiert. Einbalsamiert, auf den Hausaltar gestellt und bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit hervorgeholt.
Osternacht ist Hoffnung:
Die Hoffnungen, die begraben sind, können ja auferstehen!
Aber die Enttäuschungen?
Der Schriftsteller Mark Twain sagt dazu: „Enttäuschungen sollte man verbrennen, nicht einbalsamieren!“
Marius Dumea, Pfarrmoderator Wolfurt-Buch
Ihnen allen ein schönes Osterfeuer und gesegnete und hoffnungsvolle Ostertage!