Heimkommen in stürmischen Zeiten – Gedanken von Lea Wenger-Scherler, ev-ref Pfarrerin in Bürglen BE
Und plötzlich schüttet es wie aus Kübeln. Kalte Tropfen prasseln auf die braunen, roten und gelben Herbstblätter am Boden. Mit dem habe ich nicht gerechnet. Ich bin innert kürzester Zeit pflotschnass.
Die Dunkelheit vom Sturm treibt mich nach Hause. Ich mache die Tür auf und komme ins Warme. Ich ziehe die nassen Schuhe ab. Ein paar Herbstblätter habe ich auch noch mit hereingebracht. Drinnen schmeckts nach Lavendel, Kürbissuppe und Holz, es schmeckt nach daheim. Was ist Euer Gefühl, ein Geruch oder ein Bild von daheim. Gerade jetzt in dieser Zeit, wo die Tage kürzer werden.
Das Daheim kann eine Sprache sein, das Gefühl, dass man verstanden wird, mit den Ohren und mit dem Herzen. Das Daheim können die vier Wände sein, wo ich so bin wie ich draußen nicht bin, in der ältesten Lieblingstrainingshose und ohne Schminke. Das Daheim kann ein Mensch sein, der mich so sieht wie mich sonst niemand sieht, verrückt, verweint oder verzweifelt. Das Daheim kann ein Ort in einem selber sein, wo man sicher und geborgen ist.
Es gibt immer wieder Momente in unserem Leben, wo wir ganz weit weg sind von unserem daheim, wo wir Stürme haben in uns und um uns herum und uns unsicher oder sogar verloren fühlen und fremd in der eigenen Haut. Es ist auch alles andere als einfach selbstverständlich, dass man gerade dann heimkommen kann, dass man gerade dann in das Gefühl daheim zu sein hineinfindet.
Es gibt in der Bibel eine Geschichte die erzählt, wie Jesus mit seinen Freuden auf einen See
hinausfährt. Er ist müde und schläft ein. Da kommt ein Sturm auf und das Boot füllt sich immer mehr mit Wasser. Die Freunde von Jesus haben Angst und wollen ihn wecken. Er schläft seelenruhig. Als er dann doch aufwacht steht er auf und ruft dem Sturm zu „Sei still!“. Und der Sturm legt sich.
Diese Geschichte ist für mich das Bild für die Stürme in unserem Leben. Sie ist ein Bild dafür, wenn wir mittendrin sind, es manchmal ganz schwierig ist, innerlich heimkommen zu können und in ein Gefühl hineinzufinden – ES KOMMT GUT.
Wie können wir das Daheim-Gefühl zum richtigen Zeitpunkt hervornehmen?
Als Kind hätte uns vielleicht ein T-Shirt geholfen, das nach unserer Mutter gerochen hat oder der Mut-Mach-Stein in unserer Hosentasche. Vielleicht ist es heute noch so ein Stein, warum nicht? Vielleicht ist es ein Stoßgebet. Und vielleicht ist es ein Mensch, der uns an unser Daheim erinnert, der uns im Sturm zuruft „Sei still!“. Wir müssen es nämlich nicht alleine schaffen, wir können uns gegenseitig unterstützen in dieser Herausforderung, so, dass wir im größten Sturm innerlich wie den Schritt über die Schwelle machen und heimkommen können.
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